Finanzen

Vontobel-Chef: Schweiz soll bei Steuersündern umdenken

GDN - Der Chef der Züricher Bank Vontobel, Zeno Staub, hat Fehler der Schweiz im Umgang mit deutschen Steuersündern eingeräumt. "Man kann der Schweiz in der Tat vorwerfen, dass wir zu lange auf die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und einfacher Steuerhinterziehung, bei der wir keine Amtshilfeleisten, bestanden haben", sagte er im Interview mit der "Welt am Sonntag" (Ausgabe vom 18. November).
"Wir haben zu lange darauf beharrt, diesehelvetische Eigenheit mit der uns nachgesagten Sturheit exportieren zu wollen - und haben zu spät erkannt, dass das im Ausland nicht akzeptiert wird." Die Schweiz hatte die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung erst auf massiven internationalen Druck aufgegeben. Gleichzeitig wehrte sich Staub gegen den Vorwurf, Hilfe bei der Steuerhinterziehung sei eine systematisches Geschäftsmodell der Schweiz gewesen. "Es stimmt einfach nicht, dass man mit einem Schweizer Bankier immer nur deshalb gesprochen hat, weil man Steuern hinterziehen wollte", sagte er der Zeitung. Staub gibt sich zuversichtlich, dass die eidgenössischem Banken auch ohne steuerliche Grauzonen für ihre Kunden attraktiv bleiben. "Entscheidend ist unsere Tradition als Standort für kompetente, weltweit ausgerichtete Vermögensverwaltung. Das muss auch in Zukunft unsere Kernbotschaft sein", sagte er. "Erst an zweiter Stelle kommen besondere Aspekte der "Swissness", der Schweizer Besonderheiten - wozu auch weiterhin der Schutz der finanziellen Privatsphäre des Kunden gehört." Der Vontobel-Chef rechnet damit, dass sich der internationale Wettbewerb im Geschäft mit vermögenden Kunden weiter verschärfen wird. Dabei werde es Gewinner und Verlierer geben, auch in der Schweiz. "In jedem Markt finden sich Banken, die es sich zu einfach gemacht und lange nur niedrig hängende Früchte geerntet haben. Diese Anbieter werden über kurz oder lang Probleme bekommen", sagte Staub. Deutschland sei für Vontobel trotz der großen Konkurrenz weiterhin attraktiv, betonte der Bankchef. "Sicher ist der deutsche Markt umkämpfter als anderswo, dafür finden wir hier genau die Kunden, zu denen wir gut passen." Die Stärke der Bank bestehe darin, ein Finanzvermögen generationenübergreifend und kaufkraftsicher zu managen. "Wenn ein Vermögen gerade erst entsteht, wie es bei vielen Menschen in den schnell wachsenden asiatischen Ländern der Fall ist, sind wir nicht der richtige Partner für sämtliche Bedürfnisse dieser Kunden. Daraus machen wir kein Geheimnis", sagte Staub. In Deutschland würde Vontobel gerne zukaufen. "Uns interessiert sowohl das Privatkundengeschäft als auch die institutionelle Vermögensverwaltung", sagte Staub. Entscheidend sei jedoch, dass man strategisch und kulturell zusammenpasse. "Wir würden uns nie auf eine Übernahme einlassen, die unsere Kultur als familiendominierte Bank infrage stellt."
Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von GDN können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.