Kultur

“Kontakthof“ (Pina Bausch) im Wuppertaler Opernhaus

Zeitlose Ästhetik und Thematik

Julie Shanahan
(Quelle: Akiko Miyake)
GDN - In diesen Tagen ist das 1978 uraufgeführte Tanztheaterstück “Kontakthof“ von Pina Bausch im Wuppertaler Opernhaus zu sehen. Es zeigt sich, dass sowohl die Ästhetik als auch die im Zentrum des Abends stehenden Themen zeitlos sind und die Zuschauer auch heute noch berühren.
Wie aufgereiht sitzen sich Männer und Frauen auf langen Stuhlreihen in einem Tanzsaal gegenüber. Außer einem elektrischen Schaukelpferd, einigen Mikrofonen und einem Klavier ist der Raum mit den hohen Wänden leer. Wie in einen Guckkasten, jener beliebten Jahrmarktsattraktion des 18.Jahrhunderts, bei dem den Betrachtern ein Bild von der weiten Welt vermittelt wurde, blickt das Publikum im Wuppertaler Opernhaus auf das Geschehen auf der Bühne.
In den folgenden drei Stunden begegnen sich die Menschen in dem Tanzsaal auf unterschiedlichste Art und Weise - manche vorsichtig suchend, andere aggressiv und skrupellos.
Bereits der Name des Stückes verrät, worum es geht. Menschlicher Kontakt, Paarbeziehungen, Einsamkeit und Isolation sind, wie in so vielen Stücken von Pina Bausch, die zentralen Themen. “Kontakthof ist ein Ort, an dem man sich trifft, um Kontakt zu suchen. Sich zeigen, sich verwehren“¦“, äußerte sich Pina Bausch zu ihrem 1978 choreografierten Stück, in dem sie ungeheuer viele tragikkomische Bilder findet, um die Suche nach Liebe und Gemeinschaft zu thematisieren. Ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung des Stückes sei nach Aussage der Choreografin das Thema “Zärtlichkeit“ gewesen.
In revueartigen Szenen nähern sich Paare einander an, doch die anfänglichen Liebesbekundungen schlagen oftmals in Aggressivität um und die Suche nach Gemeinschaft und Zärtlichkeit scheitert.
Zu Beginn des Stückes treten einzelne Tänzer an den Bühnenrand, präsentieren sich und ihren Körper dem Publikum und verdeutlichen damit die Zwänge des Bühnenkünstlers, der sich zur Schau stellen und nach bestimmten Normen und Kriterien bewerten lassen muss. Aber auch wenn dieses für Künstler im besonderen Maße zutrifft, sind Menschen doch generell immer wieder gezwungen, ob im Beruf oder im privaten Bereich, Theater zu spielen, sich zu präsentieren und ins vermeintlich rechte Licht zu rücken.
Das von Ralf Borzik entworfene Bühnenbild zeigt einen Tanzsaal und entführt die Zuschauer in das vergangene Jahrhundert, was durch die eingespielte Musik, die im Wesentlichen aus wehmütigen Schlagern der 20er und 30er Jahre des 20.Jahrhunderts besteht, noch verstärkt wird. Die hohen weißen Wände sowie die nur mit weingen Requisiten ausgestattete Bühne, lassen die Tänzer sehr klein und damit auch zerbrechlich wirken.
Auch Jahrzehnte nach der Uraufführung berührt “Kontakthof“ noch immer, da sowohl die Ästhetik als auch die Themen zeitlos sind.

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