Vermischtes

“Das Holz schichtet man jetzt andersrum“

Grandiose Feuerstätten-Show

GDN - So möchte ich als freie Journalistin auch einmal meine Auftrage generieren können: Einfach einen Zettel in den Briefkasten werfen, zwei Tage später einen nicht bestellten Artikel abgeben und abkassieren. Aber ordentlich!
In meinem Beruf ist das leider nicht möglich. Ach, wäre ich doch Schornsteinfeger geworden. Meine fixen Termine hätte ich jetzt schon bis 2018 in der Tasche.
Jahrelang habe ich mich über das Monopol geärgert, doch als es abgeschafft wurde, löste nur Pest die Cholera ab. Ich bin als Hauseigentümer verpflichtet, “die Ausführung der (...) Arbeiten zu den vorgegebenen Terminen durch einen einschlägigen Schornsteinfegerbetrieb (§ 2 Abs. 1 und 2 und § 3 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG) fristgerecht zu veranlassen“.
Es wird also weiterhin gekehrt und überprüft, dass einem ganz schwindlig wird. Mal ist der Schornstein an der Reihe, dann der Heizkessel im Keller, Abgasleitungen und Abgaswege nicht zu vergessen.
Gehorsam hieve ich gefühlt alle paar Wochen die schwere Leiter auf den Dachboden, damit der Schornsteinfeger von oben den Schornstein reinigen kann. Geduldig entferne ich den Ruß, der aus der Rohrhexe fällt und wische alle Böden, um die Schuhabdrücke (Profilsohle) Größe 45 nicht mehr sehen zu müssen. Die Rechnung kommt postwendend am nächsten Tag. Zähneknirschend überweise ich die horrenden Gebühren für zehn Minuten Dreck machen.
Doch jetzt gibt es etwas Neues unter der verrußten Sonne: den Feuerstättenbescheid. In regelmäßigen Abständen darf der Schornsteinfeger eine Feuerstättenschau gemäß des Schornsteinfegerhandwerksgesetzes (§ 14) und der Kehr- und Überprüfungsverordnung durchführen.
Mein erstes Mal war ernüchternd und ich frage mich immer noch, wer hier eigentlich wen verscheißern will. Drei Monate nach der letzten Fege-Tour kontrolliert der Schornsteinfeger Heizung, Rohre und Kamin, als hätte er sie nie zuvor gesehen. Er tippt scheinbar die Seriennummer des Heizkessels in seinen Laptop, obwohl er ihn selber vor Jahren eingebaut hat und die bereits vorliegenden Zahlen nur überschreibt. Er möchte am liebsten in jedes Zimmer gucken, es könnte sich ja eine verborgene Kaminlochabdeckung drin verstecken, in die er dann seine kleine Taschenlampe (blaues Licht) versenken kann.
Und dann misst er allen Ernstes den “Feuchtegehalt“ des Brennholzes. Mit ernstem Gesicht belehrt er mich, wie ich einen Kamin anzuzünden habe. Seit Jahrzehnten habe ich Anzündhölzer auf den Bodenrost gelegt und die dicken Scheithölzer obenauf gestapelt. Der kleine Scheiterhaufen brannte stets problemlos. Alles falsch, erfahre ich nun. Andersrum ist richtig, hat eine Schweizer Studie kürzlich ergeben. (Wer hat“™s erfunden? Genau, die Schweizer.) Der Schornsteinfeger entblödet sich nicht, mir einen kleinen Anschauungsstapel zu schichten. Am Ende erfahre ich, dass die Belehrung über das richtige Heizen mit Holz sich mit einer Gebühr im Bescheid niederschlägt.
Wenn bei meiner Feuerstätte ein Mangel festgestellt worden wäre, hätte ich ihn beseitigen müssen. Falls ich das nicht tue, petzt der Schornsteinfeger bei der zuständigen Verwaltungsbehörde. Das sind Methoden, an was erinnern mich die doch gleich?
Jedenfalls habe ich jetzt ein Abo auf die Feuerstättenschau. 94,59 Euro kostet mich der Spaß. Zweimal in sieben Jahren darf sich der Bezirksschornsteinfeger (Chefsache!) fortan bei mir austoben. Ich bin gespannt, was er mir das nächste Mal an wichtigen Neuerungen über das Heizen mit Holz erzählt oder ob er noch einmal die Heizkesselnummer überprüft. Irgendwie muss man ja sein Geld verdienen.
Alles geschieht übrigens im gesetzlichen Auftrag. Als Erklärung führt der schwarze Mann gerne den Vergleich mit dem TÜV an. Um den käme man schließlich auch nicht herum. Und in Belgien gebe es jährlich 100 Tote, weil sie ihren Kamin falsch bedient haben. Kohlenmonoxidvergiftung. Da gehört sicher auch der ein oder andere Anwärter für den Darwin-Award zu, oder wie war das mit den Pfeifen, die die Grillsaison bei schlechtem Wetters in ihrer Wohnung eröffnen?
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